Anne, Freiwillige in einem Waisenheim in Begoro

Bevor ich nach Ghana gegangen bin, wusste ich nicht, was auf mich zukommen würde. Nur, dass ich für zwei Monate in einem kleinen Dorf leben würde, um in einem Waisenheim zu arbeiten. Wenn man, wie ich, noch nie vorher in Afrika war, kann man sich nicht vorstellen, wie Land und Leute dort sind. Dementsprechend aufgeregt war ich vor meinem Abflug. Beruhigenderweise verliefen die ersten Tage problemlos und wie geplant. In Accra wurde ich von Sam, dem netten Taxifahrer abgeholt und zum Hotel gefahren. Das Hotel war mit deutschen Standards vergleichbar, damit wurde mir also der totale Kulturschock erspart. Sam kümmerte sich auch darum, dass ich Abendessen bekam und am nächsten Tag fuhren wir gemeinsam nach Begoro. Auf der Fahrt lernte ich meine herzliche und liebenswerte Gastmutter, und einen anderen Freiwilligen, kennen. In Begoro konnte ich gleich mein Zimmer beziehen. Für ghanaische Verhältnisse wohnte ich wirklich luxuriös. Mein Bett war riesig mit einer weichen Matratze und ich hatte einen ganz normalen Schrank. Gewöhnungsbedürftig waren nur die knallblauen Wände… Ghanaer lieben’s eben bunt! Jegliche Horrorvorstellungen von ungenießbarem Essen u. ä. erwiesen sich als unnötig. Am Anfang bekam ich Reis und Weißbrot zu essen - also durchaus bekannt. Erst als sich mein Körper vollständig aklimatisiert hatte, durfte ich auch in den Genuss der ghanaischen Küche kommen.

Die Arbeit im Waisenheim verlief am Anfang eher schleppend, weil ich keine Vorstellung von meinem Aufgabengebiet hatte. Die etwa zwanzig Kinder waren zwar mir gegenüber sehr aufgeschlossen und die meisten hatten sich schon an “Weiße” gewöhnt, trotzdem beschäftigten sie sich natürlich lieber mit gleichaltrigen. So kam es, dass ich mich mehr den Betreuerinnen anschloss und beim Kochen half. Bei dieser Gelegenheit konnte ich sehr viel über ghanaische Traditionen lernen. Als noch zwei weitere Freiwillige kamen, nahmen wir gemeinsam das Projekt “Spielzimmer” in die Hand. Da das Schulgebäude viele ungenutzte Räume hat, war es nicht schwer, ein geeignetes Zimmer zu finden. In Koforidua, der nächst größeren Stadt, kauften wir Plastikboden, Stühle und Behälter für das unzählige Spielzeug der Kinder. Ein Schreiner baute noch ein Regal und einen Tisch für uns als alles fertig war, hatten wir das Gefühl, wirklich etwas für die Kinder getan zu haben.

Während meiner Zeit im Waisenheim hatte ich die Chance in eine Gemeinschaft rein zu wachsen, was mir den Abschied sehr erschwerte.

Doch während meinem Aufenthalt in Ghana wurde ich besonders im Waisenheim und auch auf meinen Reisen durch den Süden des Landes oft mir Armut und Leid konfrontiert. Der Kontrast zur deutschen Gesellschaft ist enorm und oft habe ich mich auch für meine Lebensart geschämt. Wir schwimmen im Luxus und hören trotzdem nicht auf uns zu beschweren.

Man begegnet oft solchen Situationen und es ist nicht einfach mit ihnen zurecht zu kommen. Aber für mich war immer jemand da, mit dem ich darüber sprechen konnte. Die meisten Ghanaer machen sich auch viele Gedanken über dieses Thema und nehmen es in Angriff. In Cape Coast gibt es eine anerkannte Universität und in den großen Städten kann man Fortschritte beobachten.

Ich bereue meine Entscheidung, ein paar Monate als Freiwillige nach Ghana zu gehen, nicht im Geringsten. Ich habe unbeschreiblich viel gesehen und gelernt und ich bin sicher, dass diese Erfahrungen mich mein Leben lang begleiten werden.

Dank Crystal hatte ich eine Organisation hinter mir, die mich persönlich vorbereitet und während meiner Zeit in Ghana betreut hat. Dadurch hatte ich auch den Vorteil bei einer Gastfamilie zu wohnen und nicht ununterbrochen im Waisenheim zu sein. Auch meine Rückkehr nach Deutschland verlief problemlos und das Einleben in die gewohnte Gesellschaft war leichter als befürchtet.